Ältere Zielgruppen wollen «Verlässlichkeit»
Während ältere Menschen Nachrichten aus den öffentlich-rechtlichen TV- und Radio-Stationen und abonnierten Tageszeitungen vorziehen, jüngere Zielgruppen hingegen tendenziell eher auf Social-Media-Kanälen unterwegs sind, zieht Benno Frick folgenden Schluss: «Bei den Jüngeren war der Verlust an Glaubwürdigkeit sehr viel grösser als bei älteren Semestern.»
Dass die ältere Generation grundsätzlich empfänglicher für Printwerbung ist, lässt sich jedoch laut Benno Frick «so nicht festmachen. Auch ältere Zielgruppen buchen über Airbnb. Aber sie wollen ‘Verlässlichkeit’. Dieses Bedürfnis leitet sich aus der Lebenserfahrung ab. Sie wollen sicher sein, dass sie bekommen, was sie brauchen und nicht, was auf den ersten Blick verlockend scheint. Ob diese Erwartungen an die Verlässlichkeit erfüllt werden, ist nicht primär vom Kommunikationskanal abhängig, sondern von den Erfahrungen mit einzelnen Marken und dem individuellen Erfüllungsgrad jedes einzelnen Produkts.»
Oder wie BoomGeneration, die Marketingzielgruppe reife Konsumenten, auf ihrer Website festhält: «Anders als jüngere Zielgruppen stützt sich die BoomGeneration auf Werte ab, die sich über einen längeren Zeitraum angesammelt haben. Mehrere Jahrzehnte Konsum-, Medien- und Werbeerfahrung lassen Wertewelten entstehen, an denen Produkte und Dienstleistungen gemessen werden.»
Das Erfassen von personenbezogenen Daten wird eingeschränkt
Laut Benno Frick werden die Werbetreiben deshalb aufgrund der Corona-Erfahrungen «verstärkt eine Triage machen und sich fragen: Waren wir auf dem richtigen Weg?» Zumal der Schweizer Werbeexperte einen weiteren wesentlichen (Negativ-)Aspekt der Werbung über Social Media ins Gespräch bringt – die Daten. «In unserer Branche wurde jahrelang von Keynote-Speakern verkündet, Daten seien das Erdöl des 21. Jahrhunderts und diese Daten seien primär online zu generieren. Mittlerweile haben wir die europäische Datenschutz-Grundverordnung, und die Inkraftsetzung des revidierten Schweizer Datenschutzgesetzes steht ebenfalls kurz bevor. Beide schränken das Erfassen von personenbezogenen Daten ein und bringen neue ‘Betroffenenrechte’ (das Recht auf Auskunft, Berichtigung, Einschränkung der Verarbeitung, Herausgabe und Löschung von Personendaten) mit sich.»
Zudem wurde die «digitale Trunkenheit» durch ernüchternde Erfahrungen getrübt, wie Benno Frick betont: «Display-Ads werden teilweise von Robotern aufgerufen und nicht von menschlichen Akteuren. Ein Display-Video wird zum vollen Preis verrechnet, sobald der Download auf dem Server gestartet wurde (und nicht wenn das Video beim Betrachter angezeigt wird). Und für das Verrechnen des vollen Preises von Display-Ads reicht eine Mindestbetrachtungsdauer von einer Sekunde (kein Witz!) auf dem Empfängerdisplay.»
In der Summe sind die Werbeauftraggeber deshalb gemäss Benno Frick verunsichert. «Marketing will dort sein, wo die Augen sind – und viele Augen sind auf Displays gerichtet. Aber viele dieser Augen blenden Werbung intuitiv aus oder empfinden sie als störend. AdBlocker – mittlerweile um die 40 Prozent – erledigen den Rest.»
Benno Frick betont deshalb, dass viele werbende Unternehmen über die Bücher gehen und sich Rechenschaft über ihre Spendings und über die bisher bespielten Kanäle ablegen müssen – «zumal kommerzielle Kommunikation auf ein glaubwürdiges Umfeld angewiesen ist und eben diese Glaubwürdigkeit insbesondere auf Social Media in den letzten 14 Monaten stark gelitten hat.»
Der Medienbruch bleibt ein Thema
Und wie sieht der Experte die Rolle von Brückentechnologien zwischen Print und Online? «Der Medienbruch bleibt ein Thema. Augmented Reality ist dabei ein gangbarer Weg. Er setzt jedoch Investitionen voraus, die sich in der Regel nur für hochpreisige Investitionsgüter rechnen, nicht jedoch für Konsumgüter. QR wäre eine preiswerte Alternative, nur bringen es vor allem kleine Unternehmen nicht auf die Reihe, eine saubere Microsite (Landingpage) mit Conversions-Potenzial auf die Beine zu stellen.» Für Benno Frick sind die «scharfen Linien» zwischen den verschiedenen Werbeformen verschwunden. «Die Trennung von Print und Digital gibt es nicht mehr – zumal Digital nur eine Distributionsform ist und per se keine Auskunft über die Güte des Inhalts gibt.»
Für welches Medium sich ein Werbetreibender entscheidet, hängt laut Benno Frick stark vom jeweiligen Geschäftsmodell eines Unternehmens (B2B/B2C), von seinen strategischen Zielen und vom Lebenszyklus seines Produktes ab. Für die Neulancierungen von Konsumgütern eignen sich TV und Out of Home nach wie vor sehr gut, für erklärungsbedürftigere Angebote Direct Marketing oder ein Blog.»
Niemand will als altmodisch gelten, aber…
Eines ist für ihn jedoch klar: «Wertige Printprodukte sind immer noch ein adäquates Instrument, um Kommunikationsziele zu erreichen. Die Unsicherheiten und das Denken in ‘Distributionsformen (Digital vs. Papier) statt ‘In-Ziel-Inhalten’ auf Seiten der werbenden Unternehmen ist das Problem. Die Vielzahl der bespielbaren Kanäle verleitet viele Unternehmen dazu, überall ein bisschen dabei zu sein. Hier braucht es eine Fokussierung auf die langfristigen Ziele eines Unternehmens und auf die Produktlebenszyklen, auch wenn das im Quartalsabschluss nicht unmittelbar sichtbar wird.»
Laut Benno Frick werden Entscheidungen der Werbe-Auftraggeber vielfach von dem beeinflusst, was die Mitbewerber tun – und von dem, was gerade «billig» zu haben ist oder «gehypt» wird. «Niemand will als altmodisch gelten. Aber im Grunde genommen sind viele Auftraggeber verunsichert, was die Wahl der Kanäle angeht, und ihr Blick schweift ab von den langfristigen Zielen die jedes Unternehmen verfolgen muss, um Gewinne zu erwirtschaften und um sich aus innerer Kraft entwickeln zu können.»
Das von Benno Frick geführte Agenturnetzwerk ASW ist eine Vereinigung der inhabergeführten Kommunikations-Agenturen in der Schweiz, deren Auftraggeber in erster Linie bodenständige Unternehmer sind, «die keinen Firlefanz wollen, sondern Investitionssicherheit. Genau das bekommen sie bei unseren Agenturen, die einem Wertekodex verpflichtet sind und aus demselben Holz geschnitzt sind wie ihre Auftraggeber.»