23.01.2025

Social Media pusht den Verkauf von gedruckten Büchern

«BookTok bzw. und Young/New-Adult-Titel sind aktuell relevante Trend in der Buchbranche. Der Trend zeigt, dass das Buch nach wie vor bzw. auch wieder mehr bei jungen Menschen gefragt ist», sagt Thomas Koch. Wir unterhielten uns mit dem Leiter Presse- und Öffentlichkeitsarbeit des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels zur Lage am Buchmarkt.

Wie geht es dem Buch und vor allem dem gedruckten Buch am deutschen und europäischen Markt? Vor welchen Herausforderungen stehen Buchverlage und der Buchhandel?
 
Thomas Koch: Für den gesamteuropäischen Markt liegen uns leider keine umfassenden Daten vor. Für den deutschen Markt können wir sagen, dass das Buch nach wie vor relevant ist und sich in einer schwierigen Gesamtwirtschaftslage behaupten kann. Der Branchenumsatz stieg 2023 um 2,8 Prozent im Vergleich zum Vorjahr, und auch das erste Halbjahr 2024 kann ein Plus verzeichnen (1,2 Prozent). Dabei bleibt der stationäre Buchhandel mit 41,8 Prozent Umsatzanteil der grösste Vertriebsweg für Bücher und der Umsatz vor Ort und konnte einen Zuwachs von 2,6 Prozent zum Vorjahr einfahren. E-Books machen aktuell einen Umsatzanteil von 6,1 Prozent aus. Auch Hörbücher sind gefragt – aber mit grossem Abstand sind gedruckte Bücher bei den deutschen Leser(inne)n nach wie vor am beliebtesten. Die wirtschaftliche Lage von Verlagen, Buchhandel und Branchenlogistik ist trotz allem angespannt. Sie sehen sich Herausforderungen wie Konsumflaute, Inflation, leeren Innenstädten und anhaltend hohen Kosten gegenüber. 
 
Welche Impulse gingen von der Frankfurter Buchmesse aus?
Die Frankfurter Buchmesse war erneut die grosse Plattform für den Austausch, die Vernetzung und das Branchengeschäft. Gleichzeitig standen wichtige gesellschaftspolitische Debatten und neue Perspektiven auf die Fragen der Zeit im Mittelpunkt. Ausserdem war die wachsende Lesebegeisterung bei jungen Menschen auf der Messe eindrucksvoll zu erleben: Tausende Bücherfans feierten ihre Lieblingsbücher und -autor(inn)en bei Lesungen, Signierstunden und an den Ständen.
 
Von welchen Trends wird der Buchmarkt aktuell geprägt?
BookTok und Young/New-Adult-Titel sind aktuell relevante Trends in der Buchbranche. Der Trend zeigt, dass das Buch nach wie vor bzw. auch wieder mehr bei jungen Menschen gefragt ist. Die Sozialen Medien sind ein wichtiger Impulsgeber für Buchkäufe. Rund ein Drittel der jungen Menschen wird über Social Media auf Bücher aufmerksam. In der Gruppe der 16- bis 19-Jährigen sind es sogar 38 Prozent. Dieses wachsende Interesse der jungen Zielgruppen ist eine grosse Chance für Buchhandlungen und Verlage, die sich in ihrer Kund(inn)enansprache, Sortiments- und Programmplanung auf deren Bedürfnisse einstellen und auch selbst in den Sozialen Medien aktiv sind.

Macht sich dieser Trend auch wirtschaftlich bemerkbar? 
Ja, die beiden Warengruppen Belletristik und Kinder- und Jugendbuch wachsen derzeit und verzeichneten 2023 ein Umsatzplus von +7,7 Prozent (Belletristik) und +2,9 Prozent (Kinder- und Jugendbuch) im Vergleich zum Vorjahr. Viele der auf BookTok prominenten Genres fallen in diese beiden Warengruppen – darunter New/Young Adult, Romance oder Fantasy.


Thomas Koch, Leiter Presse- und Öffentlichkeitsarbeit des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels: «Die beiden Warengruppen Belletristik und Kinder- und Jugendbuch wachsen in Deutschland derzeit und verzeichneten 2023 ein Umsatzplus von +7,7 Prozent (Belletristik) und +2,9 Prozent (Kinder- und Jugendbuch) im Vergleich zum Vorjahr.»
 
Gibt es Trends im Design und der Ausstattung (Papier, Bindung, Veredelung) von Büchern?
Bezogen auf das Kaufverhalten junger Leser(innen) erfreuen sich gedruckte Bücher mit besonderen Veredelungen und Farbschnitten grosser Beliebtheit.
 
Welche Rolle spielt das Thema Self-Publishing im Verlagswesen?
Durch die Möglichkeiten des Internets und kostenloser oder erschwinglicher Software wird Self-Publishing von einer wachsenden Anzahl Autor(inn)en als niedrigschwelliger Weg der eigenen Buchveröffentlichung angesehen. Gerade für unbekannte Autor(inn)en und Newcomer ist es oft ein Sprungbrett in die Öffentlichkeit. Wirklich erfolgreich ist derzeit nur ein relativ kleiner Anteil der Self-Publisher. Einige starten zunächst im Eigenverlag und veröffentlichen später bei einem klassischen Verlag. Self-Publishing wird auch in Zukunft einer der Wege bleiben, Bücher zu veröffentlichen. Wir gehen aber davon aus, dass Verlage zentraler Ansprechpartner für die meisten Autor(inn)en bleiben werden. Gerade aufgrund der wachsenden Informationsflut nehmen Verlage heute eine zunehmend wichtige Aufgabe wahr: die qualitative Kuratierung von hochwertigen Inhalten. Daneben bieten einige Verlage auch selbst Self-Publishing-Plattformen an. 
 
Wie sehen Sie die Zukunft des Buches und insbesondere des gedruckten Buches?
Obwohl Soziale Medien einen grossen Teil des Medienzeitbudgets der Menschen einnehmen, zeigen uns Trends wie BookTok, dass sich Analog und Digital nicht ausschliessen und gerade auch nachkommende Generationen Freude am Lesen entdecken und das Buch weiterhin gefragt ist. Vor wenigen Wochen durften wir das auch auf der Frankfurter Buchmesse in den gefüllten Hallen voller lesebegeisterter Menschen aller Altersgruppen erleben. Klar ist, dass der Bedarf an qualitätsvoller, fundierter Information in unserer Gesellschaft zunimmt. Aber auch das Abtauchen in spannende Geschichten wird immer ein Grundbedürfnis der Menschen sein. Gleichzeitig sehen sich die Branchenunternehmen weiterhin wirtschaftlichen Herausforderungen gegenüber und bleiben in einer angespannten Lage.