Die vielen von Ihnen gewonnenen Awards für schöne Bücher sind das eine – kommerzielle Erfolge damit das andere. Wie wirken sich Ihre Auszeichnungen auf die Verkaufsschiene aus?
Die Awards sind für uns ein wichtiges (Marketing-)Mittel, um im Gespräch zu bleiben. Sie tragen viel zum Warmhalten unseres positiven Images bei und sind zweifellos mitverantwortlich, dass Kösel eine Marke für hochwertige und besondere Bücher geworden ist – mindestens im deutschsprachigen Raum, aber auch in vielen anderen europäischen Ländern.
Wie viele Bücher drucken Sie jährlich?
13 Millionen.
Wie hat sich diese Zahl in den vergangenen zehn Jahren verändert?
Sie ist ziemlich konstant geblieben.
Auf wie viele Titel verteilen sich diese 13 Millionen?
Auf rund 3500.
Wieviel Prozent ist Hardcover, wieviel Softcover?
Beide Bereiche machen in etwa gleich viel aus, und das Verhältnis hat sich in den vergangenen Jahren nicht wesentlich verändert.
Wie haben sich die Auflagen in den vergangenen zehn Jahren entwickelt?
Sie sind um rund 10 Prozent gesunken – deutlich weniger, als dies im gesamten Buchmarkt der Fall ist.
Was erwarten Sie bezüglich Auflagen für die nächsten zehn Jahre?
Ich glaube, dass sie weiter sinken werden. Das liegt jedoch auch daran, dass wir – getrieben durch die Investitionen im Digitaldruck – in Zukunft auch Aufträge annehmen werden, die wir früher nicht angenommen hätten.
Für welche Kunden produzieren Sie?
Wir sind in drei Geschäftsfeldern tätig: in der Verlagsproduktion (die 65 Prozent unseres Umsatzvolumens ausmacht), im Corporate-Publishing-Geschäft (20 Prozent) und in Buchbinderei-Dienstleistungen (15 Prozent).
2017 haben Sie in sieben deutschen und Schweizer Städten eine Kösel-Roadshow zum Thema «Color-Management in der Buchherstellung» gemacht. Worum ging es dabei genau, und wie war die Resonanz Ihres Publikums auf diese Veranstaltungen?
Wir hatten zwei Schwerpunkte. Der eine war die Datenaufbereitung im Vorstufenbereich – der andere der neue Prozess Standard Offsetdruck, basierend auf der neuen DIN-Norm 12647-2, der im Markt für viel Unsicherheit gesorgt hat. Die Resonanz auf unsere Veranstaltungen war durchwegs sehr positiv, und wir konnten uns als Spezialist in diesem Gebiet präsentieren. In diesem Herbst machten wir eine weitere Roadshow zum Thema Buchbinderei, bei der wir die Interessenten hinter die Kulissen blicken liessen und offen und kritisch über mögliches Stolperstellen und Fallstricke sprachen.
Vor drei Jahren haben Sie mit der von Ihrem Haus und dem Druckmaschinenhersteller Koenig & Bauer in einer Entwicklungspartnerschaft konzipierten Kösel JuraJET eine Digitaldruckanlage für Dünndruck in Betrieb genommen. Was waren die technischen Knackpunkte bei der Entwicklung, und was für Produkte drucken Sie darauf?
Wichtig war für uns, wir wollten keine Maschine, die schon im Markt verfügbar ist, sondern wir wollten ein Segment abdecken, das andere nicht abdecken können oder wollen. Wir fokussieren uns auf den Dünndruck, drucken heute auf der Kösel JuraJET bis 36 Gramm pro Quadratmeter und haben uns zum Ziel gesetzt, auf 33 Gramm runter zu gehen. Und da gibt es ein paar Herausforderungen, die drucktechnisch und bei der Weiterverarbeitung zu lösen sind. Drucktechnisch geht es darum, dass der Tintentropfen auf der Oberfläche stehen bleibt und nicht zu tief ins Substrat eindringt (Stichwort Pre-Coating). Die Weiterverarbeitung haben wir mit einem neuen Konzept konfiguriert, mit dem man sowohl klebegebundene Bücher als auch Signaturen für die Fadenheftung herstellen kann. Das ist eine Besonderheit, die es am Markt sonst nicht gibt. Wir können für die Fadenheftung Signaturen fertigen – und zwar in variabler Stärke. Die können 32, 40, 48, 56 oder 64 Seiten haben und im Buch gemischt sein. Auf ähnliche Art und Weise haben wir vor einigen Jahren ja auch gemeinsam mit Müller Martini den Frontschneider Frontero entwickelt. Das macht immer dann besonderen Spass, wenn Hersteller offen sind, Anregungen ihrer Kunden partnerschaftlich anzunehmen.
Drucken Sie auch auf anderen Maschinen digital?
Nein, digital drucken wir alles auf der Kösel JuraJET.
Stichwort digital – aber in einem anderen Zusammenhang: Worin liegt Ihrer Ansicht nach der grosse Pluspunkt eines gedruckten Buchs gegenüber einem E-Book?
Da gehen wir schon sehr in die Philosophie. Ich persönlich tue mich mit einem gedruckten Buch leichter. Ich finde es angenehmer, aber das ist letztlich auch eine Frage, wie wir unser Leseverhalten gelernt haben – eine Gewohnheit also. Es wäre aber falsch, das auf die heranwachsende Generation zu reproduzieren. Ich glaube jedoch, dass lange Texte am Stück angenehmer auf Papier zu lesen sind. Für kurze Informationseinheiten sind Smartphones und Tablets hingegen haushoch überlegen. Sie sind aber nicht so angenehm, um grössere Mengen – sprich Belletristik oder Romane – zu lesen. Da sehe ich das gedruckte Buch nach wie vor im Vorteil.
Weltweit stagnierte in den vergangenen drei Jahren der Anteil der E-Books am gesamten Buchmarkt und ging in einzelnen Ländern – darunter auch in den USA – gar wieder Richtung gedruckte Bücher zurück. Welche Gründe sehen Sie für diesen Retro-Trend?
Der Trend scheint gestoppt. Aber die viel spannendere Frage ist für mich: Wollen nachwachsende Generationen überhaupt noch lange Texte am Stück lesen? Das Informationsaufnahme-Verhalten ändert sich ja. Ich glaube, dass das klassische Lesebuch sich ein Stück weit auch zum Luxusobjekt entwickelt. Es wird nicht mehr ein Massen-Unterhaltungsmedium sein.
Weshalb die Bücher ganz im Sinne Ihrer Firmenphilosophie verstärkt mit Added Values ausgestattet werden sollten?
Genau, das ist unsere Schlussfolgerung.
Im Vergleich zu den USA ist der prozentuale Anteil von E-Books in Deutschland viermal tiefer. Warum sind die Deutschen besonders printaffin?
Ich glaube, dass Deutsche generell konservativer sind als Amerikaner. Ich selber sehe im E-Book ja auch nicht wirklich einen grossen Mehrnutzen – ausser dass ich viel Inhalt auf engem Raum mit wenig Gewicht in den Urlaub mitnehmen kann. Aber das Lesen im E-Book finde ich nicht wirklich vorteilhaft.