Print verleiht Auspackerlebnissen den letzten Kick
Panorama 3/17
Der Auspackmoment ist wahrscheinlich der emotionalste Moment in der gesamten Customer Journey im Online-Handel. Es ist die Gelegenheit, den Käufer mit einem Aftersales-Service vom teuren Einmal- zum lukrativen Wiederkäufer zu machen. Adnymics GmbH in Deutschland unterstützt dies mit personalisierten Paketbeilagen, die ihre Wirkung nicht verfehlen. «Panorama» sprach mit CEO Dominik Romer darüber, was ein auf den ersten Blick so unscheinbares Printprodukt alles bewirken kann.
Verbindet Online-Handel mit Print: Dominik Romer, CEO Adnymics.
«Panorama»: Wie sind Sie auf die Idee gekommen, eine Lösung für die Produktion von personalisierten Paketbeilagen zu entwickeln?
Dominik Romer (CEO Adnymics): Ich habe Druck- und Medientechnik in München studiert und war lange Zeit im Bereich des Dialogmarketings tätig. Dort habe ich sehr viel über die Werbemittelproduktion und über den Umgang mit Daten gelernt. Dialogmarketing funktioniert nur auf der Basis von Daten. Deshalb habe ich mir angesehen, wo hochwertige Daten anfallen, um diese für die Personalisierung im Druck zu nutzen und so Personen in einem besonderen Moment gezielt anzusprechen. Da lag der Auspackmoment eigentlich schon fast auf der Hand. Der E-Commerce-Handel weiss sehr viel über die späteren Paketöffner, und wir haben mit Soft- und Hardware die Möglichkeit geschaffenen, direkt im Distribution oder Fulfillment Center personalisierte Paketbeilagen auszudrucken.
Was war notwendig, um die Idee zum Laufen zu bringen?
Eine ordentliche Portion Naivität und viel Mut. Wenn ich damals schon gewusst hätte, auf was ich mich da einlassen würde, hätte ich vielleicht noch einen Monat mehr in die Recherche investiert. Entscheidend war es, die richtigen Leute zu finden, die das Know-how im Bereich der Informationstechnik mitbringen und auf die ich mich voll und ganz verlassen kann. Ein zweiter Meilenstein war das Thema «Operations», mit der Installation der Drucksysteme und dem Customer Support, das haben wir anfangs vollkommen unterschätzt. Mittlerweile sind wir hier aber sehr gut aufgestellt.
Versteht sich Adnymics als klassisches Start-up?
Ja, aus meiner Sicht schon. Für mich ist die Definition eines Start-ups, dass es nicht älter ist als fünf Jahre und dass aus relativ wenig ein sehr komplexes Produkt entsteht. Beides trifft auf uns zu.
Der Auspackmoment ist wahrscheinlich der emotionalste Moment in der gesamten Customer Journey im Online-Handel.
In Verbindung mit Start-ups taucht auch immer die Frage der Finanzierung auf. Wie hat Adnymics die Finanzierung auf die Beine gestellt?
Wir hätten die Finanzierung gerne selber gestemmt. Aber bei einem so komplexen Thema kommt man ohne Fremdfinanzierung in der Regel nicht aus. In der Zwischenzeit haben wir in mehreren Runden einige Millionen Euro eingesammelt, um das Produkt und die Technik auf den aktuellen Stand zu bringen. Parallel dazu haben wir ein Sales- und Marketing-Team aufgebaut, das nachhaltig dafür sorgt, dass der Ball im Rollen bleibt. Wir haben Investoren an Bord, die uns auch über das Geld hinaus unterstützen. Einige davon sich auch bei anderen Online-Shops beteiligt, und helfen uns etwa beim Vertrieb und der Internationalisierung.
Wurde der Touchpoint «Versandpaket» bisher vom Online-Handel unterschätzt?
Er wird nicht unterschätzt. Die Online-Händler haben aber so viele Baustellen, dass das Versandpaket einfach noch nicht den Stellenwert hat, den es verdient. Bei vielen Online-Händlern geht es hauptsächlich um die Neukunden-Gewinnung. Die wandern dann in eine Datenbank – völlig unabhängig davon, ob das aktive oder inaktive Kunden sind. Deshalb werden auch nach wie vor enorme Summen in die Akquisition gesteckt. Sachen wie das Paket, der Service, das Branding und die Kundenbeziehung werden teilweise noch vernachlässigt. Es zeigt sich aber, dass Customer Acquisition gerade auch online immer teurer wird. Immer mehr Online-Händler setzen auf Massnahmen, um ihre Bestandskunden zu halten. Auf lange Sicht ist das auch im Online-Handel wesentlich günstiger.
Was muss die IT von Adnymics alles abbilden und leisten?
Alle softwareseitigen Themen stemmen wir intern. Das beginnt bei Schnittstellen und Plug-ins, geht über zur Datenerfassung, für die wir unsere eigenes Online-Tracking-Tool entwickelt haben, bis hin zur Datenaufbereitung, in die wir sehr viel Ressourcen gesteckt haben. In der Datenaufbereitung steckt die gesamte Intelligenz, die bestimmt, welche Inhalte für die einzelnen Paketbeilagen ausgewählt werden.
Und welche Inhalte lassen sich mit dem Tool personalisieren?
In der Gestaltung der Beilage äussert sich dies einmal primär im Namen. Der taucht dann an verschieden Stellen auf, um den Kunden emotional abzuholen. Abgestimmt auf den Kunden verwenden wir ein Cover-Bild. Hier bedient sich die Software unterschiedlicher Bilder, die verschiedenen Kundensegmenten zugeordnet sind. Wichtig ist auch das Thema dynamisches Couponing. Hier haben wir eine Lösung entwickelt, die festlegt, welche Intensivierung beim jeweiligen Paketempfänger erforderlich ist. Das geht dann weiter in Richtung Produktempfehlungen. Das Ganze in gedruckter Form macht uns weltweit ziemlich einzigartig.
Gibt es neben Produktempfehlungen auch noch andere gedruckte Features?
Ja, eines das an Bedeutung gewinnt, ist dynamischer Content. Der Kunde kauft verschiedene Lebensmittel, und wir liefern ein entsprechendes Rezept mit. Wichtig ist, dass der Inhalt nicht von uns kommt, sondern wir bieten nur die technische Plattform für unsere Kunden, damit so eine regelbasierte Aussteuerung möglich ist. In den USA wird auch das Thema Geo-Targeting immer wichtiger, um so Menschen wieder zurück in den stationären Einzelhandel zu bringen. Auch dafür stellen wir entsprechende Lösungen zur Verfügung, um den Kunden beispielsweise auf die nächstgelegene Filiale hinzuweisen und ihn mit einem Anreiz zu einem Besuch anzuregen.
Wer war der erste Kunde, den Sie für ein solches Projekt begeistern konnten?
Der erste Kunde war der Möbel- und Wohnaccessoires-Händler AmbienteDirect.com. Wir hatten in der Anfangsphase sehr eng zusammengearbeitet und hatten so die Möglichkeit, die Perspektive eines Online-Händlers hautnah kennenzulernen.
Wie reagieren gerade Online-Händler, wenn man Ihnen in Zeiten des digitalen Hypes etwas Gedrucktes verkaufen will?
Alle grossen Online-Händler haben erkannt, dass man mit Verkäufen, die durch Print angetriggert werden, immer einen höheren Warenkorb erzielt. Und dazu kommt, dass die Akquisition und Kundenbindung im Online-Bereich immer teurer wird. Deshalb gehen grosse Versandhändler wie Zalando wieder in Print, und das hilft, unsere Story unters Volk zu bringen. Wenn es etwas bringt, dann wird es sofort gemacht. Da sind Online-Händler sehr pragmatisch.
«Grosse Versandhändler wie Zalando gehen wieder in Print.»

Der Kunde kauft online Lebensmittel, und Adnymics liefert ein Rezept mit.