Wie viel 4.0 muss sein?
Auf der anderen Seite stellt sich die Frage, wie viel Industrie 4.0 davon in den Buchbindereien wirklich notwendig ist. Wieviel Integration macht Sinn? Was braucht ein Verarbeitungsbetrieb, um weiterhin am Markt erfolgreich zu sein? Und was ist möglich?
Sicherlich geht der Trend auch in der Printproduktion weg von der Masse, also den hohen Auflagen, hin zu mehreren diversifizierten Produktchargen in kleinerer Stückzahl. Daraus ergibt sich zwangsläufig eine höhere Anzahl kleinerer Jobs, die in den Betrieben abgewickelt – und abgebildet – werden müssen. Solche Auftragsstrukturen erfordern fast zwangsläufig Workflows mit einer hohen Automatisierung und Prozessintegration.
Dazu bietet zum Beispiel Müller Martini einen Touchless-Workflow, der mit der Workflowlösung Connex über die entsprechenden Schnittstellen verfügt und die gesamte Produktpalette von Müller Martini mit den übergeordneten Systemen vernetzen kann. So kann zum Beispiel in der flexiblen Buchproduktion in Auflage 1 ein online bestelltes Buch hochautomatisiert über standardisierte Prozesse on Demand gefertigt werden. Der komplette Buchfertigungsprozess wird so vom Druck über die Blockbildung, das Klebebinden und den individuellen Beschnitt überwacht. In solchen Betrieben – mit Digitaldruck, vollintegrierter Weiterverarbeitung und Schnittstellen in die Logistik ist Industrie 4.0 bereits Realität.
Nischen finden
Für reine Buchbindereien ohne direkte Anbindung an Vorstufe und Druck wird es dagegen schon schwieriger. Hier zählt zu den Zukunftsaufgaben sicherlich zunächst einmal, sich darauf zu konzentrieren, was tatsächlich produziert wird (oder künftig werden soll) und was sich in der Organisations- und Produktionsstruktur verbessern lässt. Es wird darum gehen, seine eigene Nische am Markt zu finden, ein Angebot zu haben, mit dem man sich vom Wettbewerb abheben kann – und dieses gewinnbringend produzieren zu können.
Und es wird auch darum gehen, vorausschauend zu investieren: in flexible Anlagen, mit denen sich schwankende Auflagenhöhen gut abbilden lassen; in leicht zu bedienende Anlagen, um auch das Bedienpersonal flexibler einsetzen zu können; in Anlagen, die 4.0-fähig sind, um für die rasant fortschreitende Entwicklung – auch auf Seiten der Kunden – gerüstet zu sein.
Denn auch wenn sich in einer reinen Buchbinderei keine vollintegrierten Prozesse implementieren lassen, darf das Thema 4.0 bzw. digitale Vernetzung keine Zukunftsmusik bleiben. Es ist es wichtig, sich damit auseinanderzusetzen, wohin die Reise gehen wird und sich Schritt für Schritt darauf vorzubereiten. Jetzt!
Ihre
Martina Reinhardt
Redakteurin Druckweiterverarbeitung
Deutscher Drucker Verlag