Die Stämpfli Verlag AG als Herausgeber von umfassenden juristischen Informationen und Sachbüchern sowie die Stämpfli Kommunikation als Kommunikationsagentur und Verlagsdienstleisterin sind Paradebeispiele, wie aus einem altehrwürdigen Druckhaus ein modernes Multimedia-Unternehmen wurde. «Es geht heutzutage darum, den gleichen Content mehrfach zu nutzen», sagt Marcel Vogel. Wir unterhielten uns zum Thema «Print und Digital» mit dem Berater digitale Medien bei der Stämpfli Kommunikation und mit Dorothee Schneider, Geschäftsführerin der Stämpfli Verlag AG.
«Unser Unternehmen steht für ausgezeichnete Beratung in der Markengestaltung, der Kommunikation und der Gestaltung von Prozessen: für ganzheitliches, fokussiertes und umsetzungsstarkes Handeln, für führende Lösungen in der vernetzten Kommunikation, für die Herstellung und Vermittlung gedruckter und interaktiver Medien – und für höchste Dienstleistungsqualität.»
Vernetzt, gedruckt, interaktiv: Diese drei in der Rubrik «Über uns» auf der Stämpfli-Website zu findenden Adjektive – die mit Schlagwörtern wie Online, Digital oder Multimedia ergänzt werden könnten – stehen sinnbildlich für den Wandel des 1799 vom obrigkeitlichen Drucker Gottlieb Stämpfli in der Schweizer Hauptstadt Bern gegründeten Printunternehmens zum modernen, alle Kanäle bespielenden Kommunikationsspezialisten. Denn die Frage lautet nicht «Print oder Digital?», vielmehr gilt das Motto «Print und Digital!». Oder wie es Marcel Vogel sagt: «Es geht heutzutage darum, den gleichen Content mehrfach zu nutzen, ihn immer schneller, einfacher und mit Mehrwert auf verschiedenen Kanälen zu publizieren und damit eine grössere Reichweite zu erzielen.»
«Die meisten unserer Kunden sind printlastig, aber…»
Obwohl er Berater digitale Medien ist, lässt er keine Zweifel offen: «Ich glaube an die Zukunft von Print.» Muss er wohl, könnte man etwas salopp anfügen, schliesslich betreut die Stämpfli Kommunikation ja für verschiedenste Kunden 150 gedruckte Publikationen mit unterschiedlichster Periodizität. «Die meisten unserer Kunden sind printlastig», hält Marcel Vogel fest. «Aber», so fügt er hinzu, «das von uns angebotene Multi Channel Publishing ist im Aufwind.»
Die Corona-Pandemie und deren Nachwirkungen (Stichwort Probleme bei den Lieferketten) spielten dieser Entwicklung laut Marcel Vogel aus mehreren Gründen in die Hände. «Erstens wurden viele offener bezüglich digitaler Mediennutzung. Zweitens entdeckten viele, dass sie mit Online-Versionen ihre Reichweite öffnen und vergrössern konnten, weltweit verfügbar wurden und ihre Artikel jederzeit über Google gefunden werden konnten. Und drittens kamen die markant steigenden Papierpreise hinzu.»
Print und Online haben Vorteile
Wirft Print Vorteile wie Haptik, Veredelung, Lesbarkeit, Wertigkeit oder Entschleunigung in die Waagschale, so spielen Online-Versionen gemäss dem Digital-Experten andere Pluspunkte aus. «Ich denke da beispielsweise an Aktualität, Interaktivität, unlimitierter Platz, Verfügbarkeit, Dauerhaftigkeit, Messbarkeit, Reichweite oder Archiv-Suchfunktionen.»
Damit Kunden die verschiedenen Kommunikationskanäle möglichst einfach bespielen können, bietet die auch im Digitalbereich tätige Stämpfli seit 2008 das Redaktionssystem EditorBox an – als in der Schweiz führender Integrator des diese Lösung anbietenden niederländischen Unternehmens
WoodWing. Die medienneutrale, für alle Eventualitäten und Innovationen gerüstete EditorBox, die von Stämpfli betrieben, jedoch von vielen Kunden selber bedient wird, hat gemäss Marcel Vogel zwei grosse Vorteile: «Erstens ermöglicht sie den Kunden selber das Produzieren auf Knopfdruck, zweitens ist der Produktionsprozess systemgestützt.»
«Online wird in vielen Fällen eine Ergänzung zu Print bleiben»
Von den über 70 Publikationen für über 40 Kunden auf der EditorBox haben zehn ein Online-Magazin ihres Printprodukts, zum Teil mit Added Values wie Videos, Fotostrecken, Charts oder Links angereichert, das direkt aus der EditorBox bespielt wird. Ihre Online-Möglichkeiten schöpfen Herausgeber von Zeitschriften nicht selten aus, um Nachrichten aktueller Natur zwischen den einzelnen Printausgaben zu verbreiten oder um zu messen, wie gross die Leserschaft ihrer Beiträge ist und wie lange die Leute in ihren Artikeln verweilen. Eine 1:1-PDF-Version des Printprodukts auf der Website kann da nicht mehr mithalten.
Auch wenn Marcel Vogel in digitalen Lösungen ein grosses Potenzial sieht, so ist er dennoch überzeugt, dass Online auf Dauer Print nicht komplett ablösen wird. «Bei einigen Druckprodukten vielleicht schon, aber Online und Print werden sich noch lange Zeit gegenseitig ergänzen.»
«Ein gedrucktes Buch ist für das 'Deep Learning' unschlagbar»
Das sieht auch Dorothee Schneider so. Als Geschäftsführerin der Stämpfli Verlag AG, einer der führenden Herausgeber von juristischen Informationen in der Schweiz, zeichnet sie unter anderem für jährlich rund 100 gedruckte rechtswissenschaftliche Publikationen verantwortlich. Der Grossteil erscheint auf Deutsch, gut ein Drittel auf Französisch und einige wenige auf Englisch. Wenn Stämpfli die Rechte für ein Buch hat, gibt es zwar auch eine E-Book- oder E-Pub-Version. Und einzelne Stichworte – nicht aber ganze Bücher – können gegen eine Gebühr auch über
Swisslex, der grössten digitalen Rechtsplattforum der Schweiz, recherchiert werden. Dennoch steht für Dorothee Schneider ausser Zweifel, «dass gedruckte Bücher für Juristinnen und Juristen einen unverändert hohen Stellenwert haben.»
Sie sieht dafür primär drei Gründe. «Erstens haben wir es im Bereich der Rechtsprechung mit einem relativ wertkonservativen Zielpublikum zu tun. Zweitens werden bei der Behandlung eines Rechtsstreits oft mehrere Bücher zur Hand genommen und die verschiedenen juristischen Kommentare zu einem Fall miteinander abgeglichen. Drittens ist ein gedrucktes Buch mit seiner haptischen Qualität für das 'Deep Learning' unschlagbar. Das Zusammenspiel von Hand, Auge und Gehirn sorgt für ein gründlicheres Lernen als ab einem Online-Tool – und das gilt nach meiner Erfahrung für alle Generationen.»
Digital als Appetizer für Print
Zu einer grösseren Verbreitung von juristischen Werken, deren gedruckte Ausgaben jeweils mit Loseblättern («Was gibt es Neues?») aktualisiert werden, führte nicht zuletzt die Corona-Pandemie. Viele Juristinnen und Juristen kauften Bücher, weil sie im Homeoffice arbeiteten und nicht mehr in eine Bibliothek gehen konnten. Natürlich haben Online-Versionen auch bei Fachbüchern ihre Vorteile – beispielsweise für eine schnelle Suche. Andererseits kann Digital gemäss Dorothee Schneider durchaus auch als Appetizer für Print wirken: «Wer auf Swisslex recherchiert hat, kauft danach nicht selten das zitierte Buch.»
Die Stämpfli-Gruppe
- Die Stämpfli Gruppe AG ist in der Welt der gedruckten und elektronischen Medien zu Hause, vereint zwei Unternehmen und beschäftigt rund 360 Mitarbeitende an zwei Standorten: Bern und Wallisellen im Kanton Zürich. Geführt wird die Familienfirma in sechster Generation von den Brüdern Dr. Rudolf Stämpfli und Peter Stämpfli.
- Die Stämpfli Verlag AG publiziert – neben einem breiten, alle relevanten Rechtsgebiete umfassenden Printsortiment (Grosskommentare, Monografien, Lehrbücher, Zeitschriften und verschiedene Buchreihen) – unter www.recht.ch digitale juristische Informationen. Das zweite Standbein des Stämpfli Verlags umfasst ein Sachbuchprogramm, das sich den Themengebieten Gesellschaft, Biografie, Kunst, Bern, Mobilität und Unternehmenspublishing widmet.
- Die Stämpfli Kommunikation ist Kommunikationsagentur, Internetagentur, IT-System-Integrator, Druckspezialist und Verlagsdienstleister. Spezialisten von Stämpfli begleiten ihre Kunden bei der Planung und Erstellung von gedruckten und elektronischen Publikationen. Ihre Kernkompetenzen liegen in der Konzeption und in der Umsetzung von Zeitschriften, Katalogen, Geschäftsberichten, E-Shops, Websites und Mobile Solutions sowie in der Programmierung und Integration von Publikationssystemen, mit denen die Kunden ihre Inhalte effizient und medienneutral verwalten und Publikationen selber automatisch erstellen können.
- Langjähriger Partner von Müller Martini: Stämpfli vertraut seit vielen Jahren auf Druckweiterverarbeitungs-Systeme von Müller Martini. Im Berner Werk des Medienunternehmens produzieren zwei Sammelhefter Primera E160 Amrys und Prima Amrys sowie ein Klebebinder KM 610.A im Einsatz.