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06.10.2020 / Arne Klages

Serie Nachhaltigkeit (I): Grüne Zukunft – mit oder ohne Print?

In einer dreiteiligen Blog-Serie beschäftigen wir uns mit einem Thema, dass immer mehr an Bedeutung gewinnt – dem Klimawandel und damit verbunden der Nachhaltigkeit in der Industrie. Dabei stellen wir uns auch die Frage, ob die grafische Branche Teil einer nachhaltigen und globalisierten Welt sein. Oder hat die 500 Jahre alte Industrie keinen Platz mehr in der grünen Zukunft?

Im ersten Teil der Serie schauen wir kurz über den Tellerrand hinaus. Wie weit sind wir bezüglich Klimaschutz? Hat sich das Problem durch Corona von allein gelöst? Der zweite Teil lenkt das Brennglas dann auf die Druckindustrie und setzt sich mit der Frage auseinander, welchen Fussabdruck Printmedien auf unserer Erde hinterlassen. Den Abschluss macht dann der Vergleich. Was ist nachhaltiger: Print oder seine Alternativen? Ist das Internet wirklich so grün, wie wir immer denken? Welche Massnahmen ergreift die grafische Industrie, um unsere Umwelt zu schützen?

2020 sollte das Jahr der Klimawende werden
Seit Monaten beschäftigt ein Thema fast sämtliche Bewohner unseres blauen Planeten: eine globale Pandemie. Dabei sind andere Themen – wie beispielsweise der Umweltschutz – etwas in den Hintergrund getreten.

Noch vor einem halben Jahr beschworen die Aktivisten der Extinction Rebellion das Massenaussterben von Tieren, Pflanzen, Lebensräumen und sogar das Aussterben der Menschheit. Sie blockierten Strassen und ketteten sich gemeinsam an Zäune, um die Politik zum Handeln zu zwingen. Zudem erhoben sich hunderte von Schülern gegen ihre «bösen Boomer-Eltern». Sie gingen freitags nicht mehr zur Schule, sondern auf die Strasse, um für ihre Zukunft zu protestierten. Denn 2020 sollte das Jahr der Klimawende werden…

…und dann kam Covid-19
Doch dann kam das Virus SARS-CoV-2, und die Welt hielt den Atem an. Buchstäblich. Der internationale Luftverkehr kam zum Erliegen, Grenzen wurden dichtgemacht, Fabriken schlossen ihre Tore, und Menschen kauerten sich unter Bergen aus Toilettenpapier und Trockennudeln vor der Flimmerkiste zusammen. Absurd oder? In ein paar Jahren wird diese Situation bestimmt für einige verlegene Lacher sorgen. Vor allem wenn dann endlich die letzte Packung Nudeln verspeist ist.

Doch ist Covid-19 die «grosse Pause», die das Klima von uns Menschen braucht? 

Die Antwort lautet: leider nein. Die University of Sydney berichtete in einer Studie, dass der globale CO2-Ausstoss wegen der Corona-Krise um etwa 2,5 Gigatonnen pro Jahr (oder 4,6 Prozent) gefallen ist. Zum Vergleich: Während der Finanzkrise 2009 verringerte sich der Ausstoss um 0,46 Gigatonnen. Das klingt erst mal vielversprechend, ist aber wahrscheinlich eher das Ergebnis der oben erwähnten kurzfristigen Massnahmen. Die globalen Flugbewegungen zum Beispiel gingen seit Mitte März um mehr als 70 Prozent zurück. Dies belegen Zahlen von flightradar24 (siehe Grafik).



Sobald die Auflagen aber wieder gelockert werden, wird der Emissionsausstoss wohl wieder auf das alte Niveau hochschnellen, vermutlich sogar darüber hinaus. Denn die Unternehmen werden damit beschäftigt sein, ihre Zahlen wieder in den schwarzen Bereich zu steuern. Und Menschen, die ihre Arbeit verloren haben, werden sich eher damit beschäftigen, wie sie ihre Miete zahlen als mit dem Klimawandel.

Wie viel CO2 kann es sein?
Erlauben Sie mir einen kurzen Exkurs in die Grundlagen der Klimathematik. 2015 wurde das sogenannte Übereinkommen von Paris unterzeichnet. 197 Vertragsparteien der United Nations Framework Convention on Climate Change (was für ein Name!) verpflichteten sich dazu, die Erderwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen. Daraus ergibt sich ein sogenanntes CO2-Budget. Dieses kann man sich wie eine Art «atmosphärischen Deponieraum» vorstellen. Der «Platz», der noch übrig ist, gibt die Menge der Emissionen an, die noch freigesetzt werden dürfen, um mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit (66 Prozent) unter dem Temperaturanstiegsziel zu bleiben. Visualisiert sieht das Ganze dann so aus:





Das zweite Diagramm sind die Werte, die von der Website Climate Watch veröffentlicht werden. Vergleicht man die beiden Diagramme, fällt auf, dass die scharfe Kehrtwende, die 2020 erreicht werden sollte, bisher noch aussteht. Sicherlich wird Corona die Statistik etwas schönen, aber der Trend bleibt und ist bedenklich. Erste Auswirkungen auf die Veränderung der Temperatur sind auch schon jetzt zu erkennen.



Die obige Grafik mit Daten der amerikanischen Weltraumbehörde NASA zeigt relativ deutlich, dass die globale Temperatur schon jetzt in den Sommermonaten gestiegen ist. Der Mai 2020 war zum Beispiel 1,5 Grad Celsius heisser als der durchschnittliche Monat seit 1880. Die aufgetragenen Werte sind die Abweichungen jedes Monats im Vergleich zum globalen Jahresmittel. Wissenschaftler der National Oceanic and Atmospheric Administration prophezeien schon jetzt, dass 2020 das heisseste Jahr seit Beginn der Aufzeichnungen wird.

Die Schuldfrage
Natürlich ist die viel wichtigere Frage bei dieser Thematik wie bei jeder anderen Frage des Lebens: Wer ist schuld?



Die obige Grafik zeigt, dass die CO2-Emissionen in den meisten klassischen Industrienationen nur minimal gesunken sind. Im Gegensatz dazu stieg die CO2-Emission von China innerhalb von zehn Jahren um 43 Prozent und die von Indien um 50 Prozent. Zum Vergleich: Die Schweiz stiess im Jahr 2017 47 Millionen Tonnen CO2 aus, was etwa 0,1 Prozent des weltweiten Ausstosses entspricht.

Ist die Schuldfrage damit abschliessend geklärt? Können wir mit dem Finger auf China, die USA und Indien zeigen und diese für alles verantwortlich machen?

Natürlich nicht. Denn der Grossteil des Ausstosses, den diese Länder verursachen, wurde von uns nur exportiert. Dieses Problem ist auch als «carbon leakage» bekannt. Werden in einem Land die Klimaschutzmassnahmen zu strikt und die Produktionskosten zu hoch, verlagern Unternehmen ihre Produktion einfach in andere Länder, in denen die Regularien weniger strikt und die Kosten damit niedriger sind. Natürlich ist dies hier nicht der einzige Einflussfaktor. Dass noch andere Einflüsse eine Verlagerung unseres Mülls in andere Länder begünstigen, wird hier jedoch nicht erläutert.

Der Hunger nach Energie
Wie im nachfolgenden Diagramm zu erkennen ist, ist einer der grössten Triebfaktoren für den steigenden Ausstoss der Energiehunger unserer Welt. Fast drei Viertel der weltweiten Treibhausgas-Emissionen entfallen auf die Energieerzeugung. Dieses Thema hat bereits Knud Wassermann in seinem Blog «Digital ist nicht nachhaltiger als Print – im Gegenteil»



Am kommenden Dienstag erfahren Sie im zweiten Teil unserer Blog-Serie zum Thema Nachhaltigkeit mehr zur Rolle der grafischen Branche beim Klimaschutz.
 

Ihr 
Arne Klages
 

Arne Klages ist Student an der Hochschule der Medien im deutschen Stuttgart. Er studiert seit 2018 den noch relativ neuen Studiengang Print Media Technologies mit dem Ziel des Bachelor of Engineering. Davor hatte er eine Ausbildung zum Medientechnologen Druck abgeschlossen, in welcher er sein Interesse für alle Themen rund um Print entwickelte.