Nicht nur wegen der Stabilität, sondern auch wegen des hervorragendem Layflat-Verhaltens wird die Fadenheftung als hochwertigste Buchbindung gepriesen – spezielle technische «Features» verhelfen sogar zu Büchern mit überraschendem Innenteil.
In den Wettbewerben der
Stiftung Buchkunst befinden sich unter den prämierten Titeln mehrere fadengeheftete Bücher. So gab es im Wettbewerb «Schönste Bücher aus aller Welt» des Jahrgangs 2021 kürzlich eine Goldmedaille für die von Jan Wenzel, Anne König und Alexander Kluge verfasste Edition «Das Jahr 1990 freilegen» (
Spector Books, Leipzig) – eine mit nahezu 600 Seiten umfangreiche und mit 240 x 330 mm grossformatige Broschur, bei der die unterschiedlich gestalteten, doppelseitigen Text-Bild-Montagen mit dem soliden Aufschlagverhalten gut zur Geltung kommen.
Auch im Wettbewerb «Schönste deutsche Bücher» des Jahres 2021 landeten einige in Fadenheftung hergestellte Titel in Toppositionen. Ein Beispiel ist die Edition «Überfahrt» (Spector Books, Leipzig). Deren Buchblock ist so in die Decke eingehängt, dass ein hohler Buchrücken entsteht, damit er nicht bricht. Dem Buchblock des Titels «Auf Abwegen» (
Christoph Merian Verlag, Basel) wurden dünne Pappen aufkaschiert, und überklebtes weisses Leinen – einem Halbgewebeband ähnlich – macht sie zur Steifbroschur mit freiem Buchrücken. Eine weitere Edition, «Man kann keine Steine essen» (
Prima Publikationen, Stuttgart), wurde als Schweizer Broschur ohne Fälzel verarbeitet, die den abgeleimten Buchrücken mit dem Heftfaden sichtbar lässt.
Besondere Haltbarkeit
Fadenheften gehört zu den Verfahren des formschlüssigen Fügens und wird aufgrund hoher Stabilität als hochwertigste Buchbindung angepriesen. Abgesehen von dünnen Produkten wie Geschenkbücher oder Poesiebändchen (einlagig gefalzte und durch den Buchrücken geheftete Bogen) handelt es sich um mehrlagige Produkte – gefalzte und mit Faden durch den Falz geheftete Bogen, die ihre hohe Haltbarkeit nach dem Ableimen, Fälzeln und vollflächigen Hinterkleben am Buchrücken erhalten.
Die Klebebindung ist zweifellos die stärkste Konkurrenz – dennoch erscheinen heute bibliophile Werke, Atlanten, Bildbände, Kunst-Editionen und Geschäftsberichte in Fadenheftung. Stabil geht heute meist mit Nadel und Faden. Mithilfe moderner automatischer Fadenheftanlagen können unterschiedliche Kundenwünsche umgesetzt werden. Müller Martini offeriert mit der Ventura-Produktfamilie –
Ventura MC 160,
Ventura MC 200 und
Ventura MC Digital – effizient einsetzbare Maschinen und Systeme für nahezu jede erdenkliche Anforderung. Und mit der
Falzniederhaltepresse VFN 700 wird jeder Buchblock im Falzbereich gepresst und somit die Rückensteigung deutlich reduziert.
Akzentreiche Inspirationen
Längst können Anwender von Fadenheftanlagen als auch manuell arbeitende Handwerker gestalterisch effektvolle Akzente und Trends setzen.
- Andersfarbige Fadenheftung: Oft wird unauffälliger, weisser Faden verwendet. Alternativ lässt sich aber ein Hardcover-Buch mit Einband, Kapital- und Zeichenband als auch Buchfarbschnitt beispielsweise in einheitlichem Rot ebenfalls mit Faden im Rot-Farbton gestalterisch aufwerten und vollenden.
- Mitheftung von Bogenteilen: Zusätzliche gedruckte Features – Landkarten in Reiseführern, Wissenstafeln in Schulbüchern oder anderes – bringen meist einen Mehrwert. Hierbei kann es sich um das Einstecken von Bogenteilen in der Mitte des Falzbogens oder das Einheften von Signaturen mit unterschiedlichen Falzarten handeln. Verkürzte Falzbogen können in der Länge und Breite variieren und werden ganz beliebig im Buchblock positioniert. Müller Martini bietet auf der Fadenheftmaschine Ventura MC 200 die Option TWE¦ƎN® an. Tween-Bogen können sich sowohl in der Länge als auch in der Breite unterscheiden. Dank Motion-Control-Technologie werden sie exakt an jeder gewünschten Position eingeheftet.
- Offengelegter Buchrücken: Wenn man nach dem Heften und beim Ableimen das Fälzel weglässt, bleibt der Buchrücken mit den Nähten sichtbar. Sichtbare Buchrücken können bei Büchern mit einem Umschlag (etwa als Schweizer Broschur) und bei Broschuren (beispielsweise als Steifbroschur) produziert werden. Heute findet man die offengelegte und experimentell wirkende Fadenheftung in nahezu jedem literarischen Genre.
Ihr
Frank Baier,
Chefredakteur «Bindereport»