• Home
  • Newsroom
  • Blog
  • Online Print Symposium 2022: sechs Start-ups auf einen Streich
28.06.2022 / Knud Wassermann

Online Print Symposium 2022: sechs Start-ups auf einen Streich

Die Druckindustrie wird auf den ersten Blick nicht unbedingt mit Start-ups in Verbindung gebracht. Doch aus heutiger Sicht lösten Anfang der 1980er-Jahre drei Start-ups – Adobe, Aldus und Apple – die Desktop-Revolution aus, die in der Druckvorstufe keinen Stein auf dem anderen gelassen hat und in weiterer Folge die gesamte Kreativbranche ordentlich aufgemischt hat. Insofern war und ist die Druckbranche innovativer als vielfach angenommen. Dieser Innovationsgeist wurde auch auf dem jüngsten Online Print Symposium 2022 (OPS) in München in Form der «Insight Pitches» hochgehalten, um neue Technologien und Geschäftsideen vorzustellen.

20 Start-ups aller Couleur bewarben sich für die sechs ausgeschriebenen Startplätze. «Eine agile Branche lebt von neuen Ideen. Ideen, die oft von jungen, dynamischen Unternehmen gefunden werden. Die Insight Pitches brachten etablierte und neue Unternehmen zusammen. So erhielt die Onlineprint-Industrie neue Impulse und so können neue Geschäftsmodelle entstehen», versichert Jens Meyer von printXMedia, dem Mitveranstalter des OPS. 

Vom Handy zum individuellen Hoodie
Hoodie Hoo ging bei den Insight Pitches als Erster an den Start. Präsentiert wurde eine intuitive Software- und Creator-Lösung, die mit einer eignen API-Schnittstelle die Textilproduktion in der Türkei steuert. So will das Start-up die langen Vorlauf- und Lieferzeiten sowie die hohen Mindestabnahmemengen senken, die heute noch für viele Kunden eine erhebliche Hürde darstellen. Hoodie Hoo will eine individuelle Textilproduktion bereits ab 50 Stück und 20 Tagen Produktionszeit ermöglichen.

Mit dem Creator können sowohl B2C- als auch B2B-Kunden professionelle Textildesigns erstellen. Laut den Gründern Johannes Kautz und Philipp Hofmann soll die Gestaltung sogar am Handy möglich und so einfach sein, wie die Erstellung einer Instagram-Story. Über die Software werden die Aufträge gesteuert und die Kunden können jede Bestellung Schritt für Schritt verfolgen und ihre Entwürfe digital freigeben. Wenn man einen Blick auf die Referenzliste wirft, sieht man, dass bereits Marken aller Grösse dem Start-up ihr Vertrauen schenken.

Eine Web-to-Print-Plattform für den B2C-Markt
Printess ist eine Online-Design-Plattform, die auf einer modularen Cloud-Plattform basiert und für den B2C-Markt ausgereichtet ist. Hinter Printess stecken die Gründer von DirectSmile, eine Software für die Bildpersonalisierung, die später an EFI verkauft worden ist. In diesem Sinne agiert Printess wie beim zweiten Hausbau: Man kennt bereits die Fallstricke, und dementsprechend sollte beim zweiten Mal ein nahezu perfektes Haus oder in diesem Fall eine Online-Design-Plattform entstehen.

«Die vorhandenen Web-to-Print-Lösungen decken die Anforderungen des B2C-Marktes nicht wirklich ab», sagte Mitgründer Christoph Clermont. Mit Printess wolle man eine Standardlösung für den B2C-Markt etablieren und damit allen Playern das Thema Mass Customization mit anwendungsspezifischen Templates zugänglich machen. Eine eigene Programmierung sei heute nicht mehr zeitgemäss, deshalb habe man eine No-Code-Lösung geschaffen, um die gewünschten Templates intuitiv anzulegen. Printess kann in bestehende Shop-Lösungen integriert werden, aber es können auch externe Grafiker und Drucker in den Workflow eingebunden werden.

KI hilft in der Logistik Kosten zu sparen
Dylan Hirsch, CEO von Lox Solution, lies die OPS-Besucher bereits mit seinem Eingangsstatement aufhorchen: «Jedes Jahr zahlen Online-Druckdienstleister bis zu 15 Prozent zu viel, weil sie von ihren Logistikpartnern missverständliche oder falsche Rechnungen erhalten.» Mit einer KI-gesteuerten Technologien sollen Unstimmigkeiten im Logistikprozess entdeckt und jede Menge Geld eingespart werden. 

«Ohne eine KI-basierte Lösung ist man bei der Menge an Paketen auf verlorenem Posten», gibt Dylan Hirsch zu bedenken und versichert gleichzeitig, dass die Lösung in einer Stunde installiert sei und sich die Einsparung schnell bemerkbar mache. Bereits über 100 E-Commerce-Unternehmen setzen auf das Tool von Lox Solution.

Bedruckte Dosen aus dem Online-Shop
Design’n Drink beschäftigt sich mit dem direkten Digitaldruck auf Getränkedosen. Das Unternehmen hat eine Technologie entwickelt, mit der Dosen individuell bedruckt werden können und das ab einer Auflage von zwölf Stück. Die ganze Bestellung läuft über einen Onlineshop, in dem man ein entsprechendes Design-Tool vorfindet. Damit kann man auf bestehende Templates zurückgreifen oder ein individuelles Design erstellen.

Die Herausforderungen lagen hier nicht auf der Software-, sondern eher auf der Hardwareseite, wie Geschäftsführer Lukas Pflügl schilderte. Einerseits gelte es, die Haftung der Farbe auf der Aluminiumoberfläche zu optimieren, was mit einer Low-Migration-Farbe in Kombination mit einer Vor- und Nachbehandlungsstation (Plasmabestrahlung und Primer) gelungen ist. Andererseits war das Bedrucken des Neck-in am oberen Rand der Dose nicht so einfach zu bewerkstelligen. Mit einem speziellen Algorithmus werden die unterschiedlichen Abstände der Dose zu den Inkjet-Druckköpfen kompensiert und somit ein einheitliches Druckbild erzielt.

Bestehendes Potenzial ausschöpfen
FotoSystem ist eine intuitive, cloudbasierte Fotomanagement-, Mass-Customization- und Print-Plattform. Klingt mächtig – und wenn es nach dem Gründer Siegfried Trinker geht, soll es das auch sein. Auch aus seiner Sicht ist die gesamte Erstellung von Fotoprodukten und hier im speziellen von Fotobüchern noch viel zu kompliziert. Die Kunden wollen nicht ständig neue Software-Tools installieren und brauchen bei der Erstellung deutlich mehr Unterstützung. 

Laut dem Industrieexperten Gary Pageau schöpft die Branche das bestehende Wachstumspotenzial nicht ansatzweise aus. Eine zeitgemässe End-to-End-Lösung für Fotoprodukte ist daher cloudbasiert und verfügt über eine KI-Unterstützung. Mit FotoSystem soll dies am Handy mit ein paar Clicks möglich sein. 

Online-Print in Lateinamerika
Miki Rubin, Gründer und CEO von Imprimu, gab am OPS einen Einblick in die Online-Print-Welt in Lateinamerika. Als Herausforderungen für den Online-Printmarkt sieht er den geringen Digitalisierungsgrad der Druckindustrie sowie die Erschwernisse in der Logistik aufgrund fehlender Strassenamen und Hausnummern. Trotz allem habe der lateinamerikanische Markt ein enormes Wachstumspotenzial (Gesamtmarkt über 70 Mrd. US-Dollar). 

Um den Markt zu erschliessen, will Imprimu ein kontinentales Print-on-Demand-Netzwerk für das B2B- sowie B2C-Segment aufbauen, das durch lokale Logistiker unterstützt wird. Einen Piloten habe man bereits im Werbemittelbereich umgesetzt. Im nächsten Schritt werde man den mexikanischen und kolumbianischen Markt erschliessen. Für alle weiteren Schritte ist Imprimu auf der Suche nach strategischen Partnern.

Resümee
Die Insight Pitches boten einen interessanten Querschnitt durch verschiedene Branchen und Anwendungsfelder und lieferten damit spannende Impulse für die Onlineprint-Community. Der Austausch zwischen jungen, kreativen Unternehmern und etablierten Branchengrössen ist gelungen. Beide Seiten profitierten: Während die einen von der Sichtweise der Start-ups eine neue Perspektive auf ihr eigenes Geschäft erhielten, konnten diese wiederum von den Erfahrungen und dem Know-how der Big Player lernen. Die Schlagwörter, die sich durch alle Präsentationen gezogen haben, waren künstliche Intelligenz, Cloud, Online-Design-Tools, Mobil und Mass-Customization.

Der Termin für das nächste Online-Print-Symposium steht übrigens schon fest: 23./24. März 2023 – wiederum im Science Congress Center München.

Lesen Sie auf der Müller Martini-Website auch unseren ersten Blog zum Online-Print-Symposium in München.

Ihr
Knud Wassermann, 
Chefredakteur «Graphische Revue» 
 
28.06.2022 Knud Wassermann Chefredaktor «Graphische Revue»