Gleich zwei aktuelle Untersuchungen belegen: Print überzeugt. Und zwar einerseits als Ankerpunkt in der digitalen Welt und andererseits nach wie vor mit seiner Werbewirkung. Eine der Studien trägt aufgrund der teils sehr verblüffenden Ergebnisse den Titel «Print Lovestory».
Bauer Advance, der Vermarkter für das deutsche Publishinggeschäft der Bauer Media Group, sowie Mediaplus in Kooperation mit Facit Research suchten in ihrer Studie «Print Effects», die Ende November letzten Jahres veröffentlicht wurde, Antworten auf folgende Fragen: Wie wirken klassische Anzeigen im Vergleich zu Sonderwerbeformen und Advertorials? Was sind die Stärken und Schwächen der einzelnen Formate in Bezug auf unterschiedliche Kommunikationsziele?
Dass Printwerbung wirke, sei unstrittig und durch vielen Erhebungen klar bewiesen, betont
Rolf Gagelmann, Head of Market Research bei Bauer Media Group: «Printmagazine liefern Inspiration und Information, stehen für Auszeit, Ruhe und Genussmomente und bestechen durch Haptik. Das allein sind gute Gründe, weiterhin in Zeitschriften zu werben. Mit der Grundlagenstudie Print Effects belegen wir darüber hinaus nicht nur, dass Printwerbung in einer immer fragmentierteren Medienwelt wirkt, sondern auch wie die verschiedenen Werbeformate wirken.»
Demnach involvieren und aktivieren klassische Anzeigen und Advertorials die Leser*innen auf ähnlichem Niveau, beide Werbeformen haben aber unterschiedliche Stärken: Anzeigen fallen schneller auf, bleiben stärker in Erinnerung und werden verständlicher sowie sympathischer wahrgenommen. Advertorials punkten hingegen mit mehr Informationsgehalt und vermitteln durch die redaktionelle Aufmachung, dass es sich um ein vertrauenswürdiges Angebot handelt. Weiters stellte die Studie fest, dass Duft- und Warenproben den Abverkauf pushen und Beilagen eine hohe Akzeptanz genießen sowie Mehrfachkontakte erzeugen.
Außerhalb der Filter-Bubble
Im Rahmen der zweiten Untersuchung, die im Dezember 2023 vorgestellt wurde, beschäftigt sich RTL Data, das Competence Center für Research und Data von RTL Deutschland, im Auftrag von
Ad Alliance, der Vermarktungseinheit des Konzerns (mit den Medienmarken RTL, STERN, BRIGITTE, VOX, GEO u.a.m.), mit der Rolle von Print in der Medienwelt, die «gefühlt (…) jeden Tag noch digitaler wird». Die groß angelegte Multi-Methoden-Gattungsstudie – exploriert wurden in einer Kombination aus qualitativen und quantitativen Methoden die Magazine STERN, GEO, ART, 11FREUNDE, COUCH, GALA und BRIGITTE – geht vor allem der Frage nach, warum sich das haptische Erlebnis, hochwertige Inhalte auf Papier gedruckt zu Lesen, sich offenbar nicht vollständig durch das Nutzungserlebnis digitaler Devices ersetzen lässt.
Als einen Grund dafür nennt die Studie, dass viele Menschen sich mittlerweile von Technik übersättigt fühlen, einen «digitalen Overkill» fürchten. In der quantitativen Befragung stimmt fast die Hälfte (47%) der 14- bis 39-Jährigen dem Statement zu: «Wenn ich zu viel Zeit in Social Media Apps verbringe, fühle ich mich häufig leer und gestresst.» Gleichzeitig werde die «Filter-Bubble» immer präsenter: 49 Prozent der Befragten Print-Leser*innen geben an, dass sie das Gefühl haben, sich bei Social Media in einer Filterblase zu bewegen.
An diesem Punkt komme die Rolle der Zeitschriften ins Spiel: «Sie begleiten gerade nicht ständig und permanent den Alltag, denn ihre Nutzung erfordert Ruhe, Raum und Zeit. Sie stehen daher eher für ein Ausklinken aus dem Alltag. Gerade vor dem Hintergrund immer stärkerer medialer Digitalisierung gewinnen sie an Reiz, denn ihre Nutzung erfordert eine bewusste Zuwendung.» Genau das würden die Leser*innen schätzen: 85 Prozent der Befragten sagen, dass sie beim Zeitschriftenlesen entspannen, 72 Prozent stimmen zu, dass Zeitschriften ein Stück Lebensqualität sind.
Aufatmen mit Print
Eine Zeitschrift zur Hand zu nehmen, entspreche fast einem «Aufatmen», lautet ein weiteres Ergebnis der Studie: «Zeitschriften sind in ihrer Funktion klar und einfach, und genau danach sehnt man sich auch. Sie bilden einen verlässlichen und beständigen Rahmen, der ein Thema begrenzt und händelbar macht.» So sagen 76 Prozent der befragten Leser*innen: «Bei Themen, die mir sehr wichtig sind, finde ich es gut, wenn ich dazu etwas in die Hand nehmen kann.» Zudem würden Zeitschriften die Perspektive erweitern, denn bei der Nutzung komme man mit Themen in Kontakt, die außerhalb der eigenen «Filter-Bubble» liegen. Junge Menschen zwischen 14 und 29 Jahren (Gen Z) lesen Zeitschriften vor allem aus einem Grund: Bewusst auf «Screentime» am Smartphone zu verzichten.
Die Nutzungsverfassung beim Lesen von Zeitschriften – sich zurückzuziehen, bewusste Momente «für sich selbst» zu nehmen – habe auch einen positiven Einfluss auf die Wahrnehmung von Werbung, versichern die Experten von RTL Data: «Print-Werbung wird als unaufdringlich beschrieben. Es geht dabei um die Freiheit, selbst zu entscheiden, was man anschaut.» Mehr als zwei Drittel der Leser*innen (69%) nennen es Selbstbestimmung: «In Zeitschriften habe ich eher das Gefühl, dass ich selbst steuern kann, wie viel Werbung ich gerade zu sehen bekomme.» Außerdem wurden 93 Prozent aller werblichen Inhalte in den Zeitschriften angeschaut. Und das im Durchschnitt für knapp drei Sekunden.
Dem Ergebnisbericht über die Studie samt generalisierbaren Insights und Analysen gab RTL Data übrigens den bezeichnenden Titel «Print Lovestory».
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Ihr
Knud Wassermann,
Chefredaktor «Graphische Revue»