Soll einer noch sagen, Druck ist nichts wert. Seltene Briefmarken erzielen selbst heute noch Höchstpreise, und limitierte Auflagen von Büchern erweisen sich als attraktive Geldanlage. Ich habe mich einmal auf die Suche gemacht, was denn so alles an Gedrucktem gesammelt wird. Nicht alles, aber sehr vieles.
Mein Grossvater war ein begeisterter Briefmarkensammler, und als kleiner Junge habe ich mich von seiner Sammelleidenschaft mitreissen lassen. Irgendwann habe ich mich dann gefragt, wie die Briefmarken hergestellt werden. Und das war dann auch der erste Berührungspunkt mit der Druckindustrie, die – wie sich mittlerweile gezeigt hat – einen nachhaltigen Einfluss auf meinen beruflichen Werdegang hatte.
Bis Mitte der 80er-Jahre ist man allgemein – so auch mein Grossvater – davon ausgegangen, dass der Nominalpreis der Briefmarken über die Jahre steigen wird und sie eine sichere Geldanlage seien. In den 1960er-Jahren gab es in Deutschland sogar «Briefmarkenwertpackungen», die nicht als Sammlerobjekt, sondern als Geldanlage konzipiert waren und am Bankschalter gehandelt wurden. Sozusagen die Aktie für «die kleine Frau oder den kleinen Mann». Verschiedene deutsche Banken empfahlen die Wertpackungen damals sogar als Ergänzung zum Vermögensaufbau.
Absolute Raritäten sind gefragt
Die Illusion zerplatze dann in den folgenden Jahren jäh. Die Postgesellschaften überschwemmten mit einer Unmenge an Neuausgaben und enormen Auflagen den Markt, und so fielen die Preise unter den Nominalpreis. Es ist eigentlich ein sensationelles Geschäftsmodell: Die Kunden bezahlen für eine Dienstleistung, die sie nicht in Anspruch nehmen. Gleichzeitig konnten immer weniger Jugendliche für das Sammeln von Briefmarken begeistert werden. Wahrscheinlich auch deshalb, weil der Anmachspruch «Darf ich Dir meine Briefmarkensammlung zeigen?» bereits früher nicht funktionierte und in einer zunehmend digitalen Welt schon gar nicht mehr.
Wahre Raritäten werden aber nach wie vor gesammelt und auf Auktionen an die Höchstbietenden versteigert. Die wertvollste Briefmarke ist nicht, wie allgemein angenommen wird, die «Blaue Mauritius», sondern die «British Guiana One-Cent-Magenta». Ein Einzelstück, das 2014 für 9,5 Millionen US-Dollar bei Sotheby’s in New York versteigert wurde. Wobei ich mich auch mit einer «Blauen Mauritius» begnügen würde – ein sehr gut erhaltenes Exemplar wechselte für 1,35 Millionen US-Dollar den Besitzer.
Die Queen soll etwa im Besitz von mehreren sein und nicht nur das – sie verfügt über eine der grössten und wertvollsten Sammlungen der Welt. Unter den prominenten Sammlern findet sich etwa auch der französische Ex-Präsident Nicolas Sarkozy. Er hat während seiner Amtszeit im Élysée-Palast einen Sammlerclub eingerichtet. Im Zuge seiner Amtstätigkeit soll er seine Sammlung durch zahlreiche Gastgeschenke erweitern haben.
Das teuerste Buch der Welt
Auch bei gebrauchten Büchern trennt sich die Spreu vom Weizen. Das grösste Antiquariat soll
The Strand Bookstore mit dem Slogan «18 Miles of Books» am New Yorker Broadway sein, in dem sich sicherlich auch das eine oder andere bereits vergriffenen Buch finden lässt. Wirkliche Raritäten findet man in den renommierten Auktionshäusern. Die Liste der teuersten Bücher ist ein bunter Mix an unterschiedlichen Genres. Die Preise orientieren sich am historischen Wert, der Seltenheit und an der Kunstfertigkeit.
So sind in der Liste unter anderem «Die Märchen von Beedle dem Barden» von J. K. Rowling, die Gutenberg-Bibel, Shakespeares Folio und die Magna Carta enthalten. Die Preise variieren von 4,6 Millionen für das Werk von J. K. Rowling bis zu knappen 30 Millionen Euro für das aktuell teuerste Buch der Welt – dem «Codex Leicester» von Leonardo da Vinci. Es handelt sich dabei um eine 72-seitge Sammlung handschriftlicher Notizen des Meisters mit Erfindungen, Theorien und Ideen, die bis heute verblüffend sind und das Genie Leonardos zeigen. Das Buch wurde 1994 von Microsoft-Gründer Bill Gates für 29 Millionen Euro ersteigert.
Faksimile für Kunstliebhaber und Sammler
Faksimiledrucke sind nicht ganz so teuer wie die oben angeführten Originale. Aufgrund der technischen und handwerklichen Umsetzungen sind Sammler auch hier bereit, durchaus stolze Summen auf den Tisch zu legen. Das kann schon in die Grössenordnung eines gehobenen Mittelklassewagens gehen. Die sonst in Nationalbibliotheken und Museen gehüteten Schätze werden so exklusiv für Kunstliebhaber und Sammler in limitierter Form zugänglich. Farbtöne, Gold- und Silberveredelungen sowie Altersspuren oder Unregelmässigkeiten werden getreu dem Original auch im Faksimile abgebildet.
Jede Seite der Handschrift wird mit absoluter Präzision mit speziellen Scannern reproduziert. Auf dieser Grundlage werden erste Probedrucke erstellt. Diese werden so lange und so oft mit dem Original verglichen und korrigiert, bis die Farben exakt übereinstimmen. Faksimiles sind in der Regel auf wenige Hundert Exemplare limitierte Auflagen. Der damit verbundene Aufwand rechtfertig auch den Preis – dafür erwirbt man den uneingeschränkten Einblick, wie ihn einst nur Könige, Fürsten, Bischöfe und Äbte hatten.
Zwei Unternehmen, die sich auf diese Nische spezialisiert haben, sind der
Faksimile Verlag und der
Verlag Müller & Schindler, die heute gemeinsam von der Verlegerin Charlotte Kramer geführt werden. Grundsätzlich ist das Thema Faksimiledruck sehr stark im deutschen Sprachtraum angesiedelt – in Graz widmet sich die
Akademische Druck- u. Verlagsanstalt seit über 70 Jahren dem Thema.
Objekte der Begierde
Wer bei Büchern als Wertanlage nur an Faksimiles denkt, der hat die Rechnung ohne Benedikt Taschen gemacht. Denn seine Bücher haben eine Wertsteigerung erfahren, von der manche Aktien nur träumen können. Beispiele dafür gibt es genug. Das legendäre Buch «Helmut Newtons Bildergalerie» im SUMO-Format ist längst ausverkauft, und mittlerweile muss man dafür rund 15’000 Euro auf den Tisch legen, was seit der Erscheinung im Jahr 1999 einer Wertsteigerung von 1500 Prozent entspricht.
«The Godfather Family Album» aus dem Jahr 2008 ging einst für 700 Euro über den Tresen. Heute wird es bei dem
Antiquariat Abebooks aktuell für 10’800 Euro angeboten. Eine durchaus lohnende Geldanlage, wie die Beispiele verdeutlichen. «Taschen-Bücher sind bereits als Sammlerstücke konzipiert. Für gewöhnlich gewinnen sie beinahe unmittelbar an Wert», versichert man bei Abebooks.
Die Welt der Comics-Sammler
Aber auch Comics sind begehrte Sammlerobjekte. In den USA werden teilweise astronomische Summen bezahlt. «Superman 1» aus dem Jahr 1938 im erstklassigen Zustand wurde 2017 für unglaubliche 600’000 US-Dollar verkauft. 1938 lag der Verkaufspreis gerade einmal bei 10 Cent, das entspricht einer Wertsteigerung von 6 Millionen Prozent. Und es gäbe noch viele weitere gedruckte Objekte, die hier gar nicht besprochen wurden, die die Sammelleidenschaft erwecken – historische Ansichtskarten, Bierdeckel, Banknoten, Sammelalben wie etwa von Panini, Plakate, Musiknoten, Aktien und vieles mehr.
Wenn man sich auf den entsprechenden Sammler-Plattformen im Internet herumtreibt, dann wir einem klar, dass das Sammeln tief in der menschlichen Psyche verankern ist und sich das «Sammlerglück» erst mit Print manifestieren lässt.
Ihr
Knud Wassermann,
Chefredakteur «Graphische Revue»