02.06.2020 / Knud Wassermann

Promis geben Zeitschriften ihr Gesicht

Personality-Zeitschriften sind Special-Interest-Titel aus den unterschiedlichsten Bereichen mit einem Prominenten im Namen – und genau der ist meistens auch der Erfolgsgarant.

Was haben die TV-Moderatorin, Entertainerin, Schauspielerin und Sängerin Barbara Schöneberger, der deutsche Fussballstar Jérôme Boateng und der bekannte österreichische Fernsehkoch Johann Lafer gemeinsam? Sie stehen alle bei einem Personality-Magazin Pate. Wobei sie bei Weitem nicht die einzigen Namensgeber für gedruckte Magazine sind. Mitte Oktober 2015 erschien in Deutschland erstmals das Magazin «Barbara» mit dem Versprechen, «kein normales Frauenmagazin» zu sein. Nach vier Jahren hat sich «Barbara» mit einer durchschnittlichen Auflage von über 100'000 Exemplaren am Markt mehr als etabliert.

«O – The Oprah Magazine»: über 2,2 Millionen Auflage
Wobei die US-amerikanische Talkshow-Moderatorin Oprah Winfrey dieses Konzept schon vor 20 Jahren gemeinsam mit dem Hearst-Magazines-Verlag umgesetzt hat. Erstaunlich ist, dass trotz des Internet- und Social-Media-Hypes das gedruckte Magazin «O – The Oprah Magazine» nach wie vor sehr erfolgreich ist und monatlich mit einer Auflage von über 2,2 Millionen Exemplaren erscheint. Das macht das Magazin in den USA zu einem der erfolgreichsten Frauenmagazine, das heute mit ihren Inhalten natürlich auf allen Kanälen präsent ist.

Und auch der Fernseh-Doktor Dr. Oz, der sich in der Oprah Winfrey Show seine ersten Sporen verdiente, hat mittlerweile seine eigene TV-Show und natürlich sein eigenes Magazin bekommen. Der Hearst-Verlag schrieb damit seine Erfolgsgeschichte weiter.

Mit acht Newcomern war 2019 der geburtenstärkste Jahrgang in der Geschichte der Personality-Magazine am deutschen Markt. Mittlerweile liegen in Deutschland über 20 Magazine an den Zeitschriftenkiosken auf. Zwar werden Personality-Magazine mit ziemlicher Sicherheit keinen Pulitzer-Preis gewinnen, doch die Verbreitung als gedrucktes Magazin haucht ihnen eine gewisse Wertigkeit ein. Für die Leser und Leserinnen relevanter Content, ein ansprechendes Design und eine ordentliche Portion an Haptik machen den Erfolg aus. Stephan Scherzer, Geschäftsführer des Verbands Deutscher Zeitschriftenverleger (VDZ), kommentiert den Trend der Personality-Magazine so: «Es ist eine schöne Idee, eine starke Marke mit einer starken Persönlichkeit zu kombinieren und dann wieder eine Community zu bauen. Das ist modernes Verlegen.»

Eigene Produkte und Dienstleistungen unters Volk bringen
Die verschiedenen Prominenten stehen in bestimmten Gebieten für Authentizität und Glaubwürdigkeit, wie beispielsweise der deutsche Modedesigner und Fernsehmoderator Guido Maria Kretschmer für den Titel «GUIDO», der Ende 2018 laut Gruner + Jahr mit einer Druckauflage 250'000 Exemplare an den Start ging. Julia Jäkel, Verlagschefin bei Gruner + Jahr, begründet den Trend zu Personality-Magazinen folgendermassen: «Menschen orientieren sich an anderen Menschen, im Digitalen sowieso. Und andererseits besteht eine Lust oder eine Suche nach substanzvollen Inhalten.» 

Ein weiterer Grund, warum Personality-Magazine zurzeit so beliebt sind, ist, dass der oder die jeweilige prominente Persönlichkeit in der Regel positiv auf das Branding abfärbt. Dementsprechend ist auch der Inhalt dieser Magazine aufgebaut. Fussballstars, TV-Moderatoren, Modedesigner, Köche, Coaches und Social-Media-Influencer bringen sich aber nicht nur inhaltlich in das Magazin ein, sondern nutzen die Magazine ganz gezielt, um ihre eigene Produkte, Dienstleistungen oder alle anderen Marken, mit denen sie in Verbindung gebracht werden, unters Volk zu bringen. Mit dem deutschen Pressekodex ist so etwas zwar nicht vereinbar. Es scheint aber, ausser kritischen Journalisten, niemanden – vor allem nicht die Leser(innen) – zu stören. 

Für Influencer ist Print ein Touchpoint 
Das, was Influencer im Internet machen, nämlich Empfehlungs-Marketing, wird jetzt auch in Magazinen gespielt. Die klare Kennzeichnung von Advertorials ist in diesem Umfeld kein Thema mehr, weil es für jeden ganz klar ist, wie und was hier gespielt wird. Für Influencer ist Print ein weiterer Touchpoint, um ihre Reichweite zu steigern und ihre unterschiedlichen Aktivitäten zu promoten. Eine neue Erfahrung für Influencer ist, dass die Followers in diesem Fall einen wesentlichen Beitrag zu den Erlösen beitragen, indem sie für die Inhalte zahlen.

Auch die Funke Mediengruppe ist 2019 mit dem Titel «I am» in dieses Segment eingestiegen. Editor-at-Large – eine Redakteurin, der keinem Resort zugeordnet ist – ist Laura Malina Seiler. Als Coach im Bereich der Persönlichkeitsentwicklung, Bestsellerautorin und Host eines millionenfach gehörten Podcast zählt die 33-jährige Unternehmerin zu den erfolgreichsten Vertreterinnen der Achtsamkeitsbewegung in Deutschland. Das Magazin ist mit einer Auflage von 100'000 Exemplaren zu einem Preis von 10 Euro an den Start gegangen, erscheint viermal im Jahr und war schon vor dem offiziellen Verkaufsstart ein Renner: Der Verlag konnte sich über mehr als 10'000 abgeschlossene Abonnements und Einzelheftvorbestellungen freuen. 

Die Zahl der Titel steigt ständig
Ob Influencer- oder Personality-Magazine, Stephan Scherzer vom VDZ geht davon aus, dass solche Heftkonzepte weiter zulegen werden. Vor allem sieht er aber bei gedruckten Produkten für spitze Zielgruppen – also Special-Interest-Magazine – gute Zukunftsaussichten. An neuen Ideen mangelt es hier anscheinend nicht, das unterstreichen auch die Zahlen vom deutschen Zeitschriftenmarkt. 

Die Anzahl der Titel ist in den vergangenen Jahren ständig gestiegen und lag 2018 bei 1625 – 2001 waren es nur deren 1178. Deshalb haben gedruckte Magazine, wenn sie den Zeitgeist treffen, nach wie vor eine Chance, sich am Markt zu behaupten – Personality-Magazine sind ein gutes Beispiel dafür.


Ihr
Knud Wassermann
Chefredakteur «Graphische Revue»