10.09.2019 / Knud Wassermann

Notizbücher – die ultimativen, analogen Gadgets

Smartphones, Tablets und Notebooks sind Ausdruck unserer mobilen Gesellschaft. Immer geladen und griffbereit – und trotz alledem marschieren Horden von Menschen mit Notizbüchern in Meeting-Räumen, nehmen sie mit auf Reisen und halten ihre spontanen Ideen darin fest. Das macht sie neben allen digitalen Gadgets zu wichtigen Wegbegleiter, in denen spontane Ideen, wichtige Notizen sowie erste Skizzen und Entwürfe festgehalten oder einfach To-do-Listen erstellt werden. 

Trotz aller Digitalisierung sind Notizbücher nicht totzukriegen. Es scheint so als würden die Menschen ihren Alltag lieber handschriftlich organisieren und das in einer Zeit, in der alle dafür notwendigen Requisiten in digitaler Form auf allen mobilen Geräten vor sich hin schlummern. Der Begriff «Tablet» steht sogar für Notizbuch, doch die wenigsten verwenden es dafür und auch die Begeisterung für die Tablets ist in den letzten Jahren deutlich abgeflaut. Die Verkaufszahlen befinden sich seit Jahren im Sinkflug – alleine im dritten Quartal 2018 betrug das Minus 8,6 Prozent gegenüber dem Vorjahr. 

Stabile Verkaufszahlen in einem digitalen Umfeld
Ein Rückgang, der sich bei analogen Notizbüchern nicht erkennen lässt. Der Markt wächst seit Jahren kontinuierlich, was man angesichts des digitalen Umfelds nicht erwarten würde. Und es kommen auch immer noch neue, kreative Formate von Notizbüchern auf den Markt. Gerade in Meetings gehört ein analoges Notizbuch zum guten Ton, und die Wertigkeit lässt sich mit einer Personalisierung zusätzlich unterstreichen. Aber auch Studenten und Kreative verwenden Notizbücher, um ihre Ideen festzuhalten. Und für Reisende sind sie unverzichtbar, um ihre Erlebnisse und Eindrücke zu fixieren.

Da stellt sich schon die Frage: Warum gerade jene Menschen, die all diese digitalen Gadgets besitzen, auch analoge Notizbücher schätzen? Dabei geht es nicht um Nostalgie, sondern am Beispiel der Notizbücher zeigt sich, dass digital und analog unterschiedliche Anforderungen abdecken. Der Blogger Christian Mähler von Notizblog.de etwa meinte dazu schon vor längerer Zeit: «Notizbücher sind ein haptisches Erlebnis und die Gedanken gehen durch die Bewegung des Stiftes direkt in geschriebenes Wort über. Dieser Transformationsprozess verleiht den eigenen Gedanken eine gewisse Wertigkeit, Haltbarkeit und Relevanz. Es fasziniert, die eigenen Gedanken in einem physischen Gegenstand mit sich zu tragen.» Notizbücher seien aber auch eine Manifestation: Hier bestimmt man selbst die Form, den Inhalt und die Geschwindigkeit – und nicht ein digitales Werkzeug.
 
Quelle: moleskine.com
 
Bücher, die erst geschrieben werden müssen
Diesen Trend hat der italienische Hersteller Moleskine Ende der 90er-Jahre erkannt und seine Notizbücher mit einer tollen Marketinggeschichte aufgeladen. Eine Pariser Manufaktur hatte in den letzten zwei Jahrhunderten schwarze Notizbücher angefertigt und an den Papierhandel geliefert, in denen die Avantgarde verkehrte. Bruce Chatwin etwa hatte sein Lieblingsnotizbuch «moleskine» getauft. In seinem Roman »Die Traumpfade« erzählt er, wie die moleskines Mitte der 80er-Jahre unauffindbar geworden seien. Maria Sebregondi, eine der Gründerinnen, hat das Buch gelesen, und die Marke «Moleskine» war geboren. Entstanden ist ein schlichtes, schwarzes, rechteckiges, an den Ecken abgerundetes Produkt, dem man auch eine gewisse Ähnlichkeit mit dem iPhone und dem iPad nachsagen könnte.

2015 lag der Umsatz noch bei 128 Millionen Euro, drei Jahre später waren es bereits 174 Millionen. Das entspricht einer Umsatzsteigerung von rund 35 Prozent. Das Sortiment von Moleskine geht heute weit über das reine Notizbuch hinaus. Darin finden sich unzählige Varianten an Tagebüchern, Skizzen- und Fotoalben, Planern und thematische Sonderausgaben, die darüber hinaus noch mit Taschen und Bleistiften ergänzt werden. Alles Produkte, die Menschen in ihrer Mobilität begleiten. 

Mit dem «Smart Writing Set» hat Moleskine auch den Versuch unternommen, die analoge und digitale Welt mit einem «Smart Pens» zu verbinden. Natürlich hört es sich praktisch an, doch der Markt hat diese Lösung nicht wirklich angenommen. Das liegt einerseits am Preis, der über 200 Euro für den Smart Pen liegt, und andererseits nimmt der technische Ansatz dem Notizbuch auch etwas ganz Entscheidendes – nämlich die Simplizität.

Individuelle Notizbücher für verschiedenste Berufsgruppen
Der Erfolg von Moleskine hat natürlich zahlreiche Unternehmen dazu veranlasst, auf den Notizbuch-Zug aufzuspringen. Die Italiener haben hier einen riesigen Markt geöffnet, der auch seine Blüten punkto Formate, Farben, Veredelungen, Prägungen und Personalisierungen treibt. Besonders exklusive, in Leder gebundene Notizbücher werden teilweise für bis 50 Euro verkauft.

Ein Beispiel, wie man das Notizbuch weiterentwickelt kann, liefert etwa das Wiener Startup There’s a book for that. Das Unternehmen hat 28 verschiedene Notizbücher entworfen, die auf verschiedenste Berufsgruppen und Interessen hin zugeschnitten sind. Die Inhaltsseiten bestehen aus einem vorgegebenen Raster, der passgenau zur jeweiligen Anforderung gestaltet wurde. Sei es für Journalisten, Skateboard Designer, Makeup-Artists, Projektmanager, Photographen, Innenarchitekten oder Familien-Organisationen – 28 Bücher stehen im Online-Shop bereit. 
Die Bücher sind in jeweils zwölf Farben erhältlich und werden regional gefertigt. Bei der Dimensionierung der Notizbücher hat man sich durchaus vom iPad inspirieren lassen – 16,7 cm Breite und 24 cm Höhe. Der Hardcovereinband ist mit einer matten Cellophanierung veredelt, was ihm Haltbarkeit und einen eleganten Look verleiht. 
 
Quelle: abookforthat.com

Bestandteil der Unternehmenskommunikation
Notizbücher gehören mittlerweile für viele Unternehmen auch zu einem fixen Bestandteil der Kommunikation. Mit einem edlen Notizbuch lässt sich das Wir-Gefühl eines Unternehmens stärken, die Kunden mit einem Incentive beschenken oder eine PR-Kampagne unterstützen. Das «Wall Street Journal» ist gegenwärtig die auflagenstärkste Zeitung der USA und Pflichtlektüre für Manager.

Für brandbook geht es nicht nur darum, ein Logo auf ein schönes Buch zu prägen. Es geht darum, eine Marke, ein Produkt zu verstehen und Kreative dabei zu unterstützen, dieses bestimmte Gefühl in ein Buch zu transformieren. Und das scheint brandbook zu gelingen – denn die Referenzliste reicht vom New Yorker Fashion-Label über den örtlichen Optiker, die Londoner Luxus-Papeterie bis hin zum Autokonzern. Mit nuuna ist brandbook aber auch mit einer eigenen Marke am Start.
 
Quelle:brandbook.de

Notizbücher sind, wenn sie gut gemacht sind, ein unabdingbaren Muss. Dass dies den Herstellern in aller Welt trotz der digitalen Konkurrenz gelingt, zeigt die positive Marktentwicklung. Mit Qualität, Innovation und einer gesunden Portion an Marketing wird das Notizbuch seine Erfolgsstory fortschreiben.



Ihr
Knud Wassermann
Chefredaktor «Graphische Revue»